Michaels schwarze Junak (Teil 1)
Junak M10
Einzylinder OHV
349 ccm.
Baujahr 1960 Stettin, Polen
Erstzulassung 1961, letzer Eintrag im polnischn Typenschein 1991
19 PS. bei 6000 U/min
Ich endeckte meine Junak bei einem Händler in Bayern, der sie als
Skijöringmaschine einsetzte. Sie lief damals nicht und hatte rechts
einen hübschen Eigenbaubeiwagen hängen. Sie gefiel mir und
nachdem sie nicht teuer war und ein zweiter Motor dabei war schlug ich
zu. Vorallem weil ich wusste, dass die Junak viel Potenzial hat.
Bei einer Vielzahl von internationalen Rennen haben Junaks gewonnen
und so ihre Alltagstauglichkeit und Robustheit unter Beweis gestellt.
Unter anderem erzielten Fahrer mit einer Junak Gold beim Sechstagerennen
in Garmisch. 1958, Silber beim Sechstagerennen in Bad Aussee 1960, Gold
beim Motocrossrennen in Buschberg 1961, 3 mal Silber beim Sechstagerennen
in Llandrindod (Großbritannien) 1961 und Gold beim Sechstagerennen
in Garmisch Partenkirchen 1962.
Und ich kenne einen Junakfahrer in Österreich. Hörte sich
damals für mich alles sehr super an.
Ich verfrachtete meine Junak erstmal in eine gemietete Garage und erst
jetzt wurde mir bewusst auf was ich mich da eingelassen habe.
Der Motor war fest. Der Rest gammlig oder nicht vorhanden. Meine Papiere
unvollständig und die Landesregierung in Salzburg nicht gerade
angetan von meiner Idee, eine Junak zuzulassen. Und schon gar nicht
in dem Zustand.
Dabei waren der Alutank und die Edelstahlkotflügel so hübsch.
Na gut, erstmal Kolben mittels Wagenheber und jeder Menge WD40 gelöst.
Bisschen nachgehont und zusammengebaut.
Tja, nur laufen wollte sie immer noch nicht. Schuld war der Originalvergaser.
Mit einem anderen aus dem Teilefundus der Junak bollerte sie endlich
los. Sie lief jetzt, aber ohne Zulassung wusste ich nicht so recht.
was ich mit ihr machen sollte. Tja,
zwischenzeitlich musste ich einrücken zum Wehrdienst, und danach
kam ein 300 Km Umgezug. Neuer Job, neue Stadt, neue Hobbys. Zwar konnte
ich in den folgenden Jahren einige Blechteile ergattern und noch bischen
Literatur auftreiben, nur irgendwie kam das Projekt nie richtig zum
Laufen.
Zwischenzeitlich kaufte mir etliche andere Oldtimer und die Junak gammelte
im Keller vor sich hin.
Das blieb auch gute 10 Jahre so. Im Herbst des Jahres 2008 stand ich
wie jedes Jahr vor der Frage, mit welchem Motorrad ich den Winter durchfahren
soll. Inzwischen besitze ich 6 Oldtimer und von den fahrfertigen ist
es eigentlich um jede schade. Tja, und da war sie wieder. Die Idee von
der Junak.
Erste Bestandsaufnahme im Keller
Mein Keller hat Ziegelgewölbe und Lehmboden. Und mittendrin Regale
voller, zum Glück öliger Teile und eine sehr rostige Junak.
Überall lief Wasser über das Motorrad und hatte die braune
Pest hinterlassen. Das Kunstleder des Sitzbezuges hat geschimmelt.
Und gesehn hab ich wenig bei dem funzeligen Licht im Keller.
Nach einigen Stunden vor dem Rechner beschloss ich die Junak wieder
auf die Strasse zu bringen. Und das möglichst mit kleinem Budget
und trotzdem möglichst gut. In Österreich zeigt sich das leider
ein bisschen kompliziert. Originalzustand,
erhaltungswürdig und mindestens im Erhaltungszustand 3. (Schulnotensystem
von 1 wie neu oder besser bis 5 als unvollständiges Wrack).
Es gibt inzwischen eine deutsche Yahoo-Group zum Thema Junak (Wild
Junak), und es gibt inzwischen sogar das eine oder andere Neuteil.
Jedes Projekt hat einen Anfang
Der Beschluss ist gefasst, also raus aus dem Keller mit dem Zeug. Erst
mal umziehen mit dem Edelschrott in einen gemieteten Container. Die
ersten Sondierungen bei Tageslicht war ziemlich ernüchternd.
Aber mit einer frischen Batterie und etwas frischem Sprit lief sie sofort
wieder.
Juhu. Schalten ging allerdings nicht mehr. Und die Optik war sehr schlecht.
Aber ich habe ja einen Haufen Teile im Regal. Originalbleche in doppelter
Ausführung, ein zweiter Motor, viele Vergaserteile und noch mehr
Zündungs- und Limateile.
Also erstmal alles gestrippt. Alutank runter, Sitzbank runter, Edelstahlkotflügel
runter, Motor raus. Räder weg, Gabel ab. Fertig. Waren keine 3
Stunden. Unglaublich aber es war trotz der grausligen Optik keine einzige
Schraube festgerostet.
Das ging ja flott.
Ermutigt durch diesen netten Vormittag beschloss ich erstmal einige
Teile zu bestellen. Artur Kaik, ein freundlicher Händler aus Deutschland,
ist sehr bemüht, Teile in guter Qualität nachfertigen zu lassen.
Die Teileliste fand ich über Wild Junak
online. Also erstmal eingekauft.
Neuteile: Auspuffanlage komplett. Lamgenring fürs Originalblech.
Diverse Zierleisten und Chromteile, Rücklicht, Kabelbaum. Tachowelle,
Bowdenzüge und Seile. Kleinteile.
Die Preise sind erschwinglich, kein Vergleich, wenn ich da an meine
Horex Regina denke...
Was mir bis jetzt noch fehlt ist der Hauptständer und der Tacho.
Achja, der Kettenkasten ist so schlecht, dass ich ihn mal einfach ignorieren
werde.
Es kann losgehn
Ich habe zuerst ein bisschen rumtelefoniert, ob ich jemanden finde,
der mir Rahmen und Teile Sandstrahlen kann. Ergebnis: entweder kein
Interesse, zu kleine Strahlkabinen oder einfach sauteuer. Ok, dann eben
doch selber machen. Aber wie?
Ich entschied mich schliesslich für den Winkelschleifer mit gezopfter
Drahtbürste. Ging beim Rahmen und der
Gabel echt fix, ist aber auch recht gefährlich. Dass eine Flex
so biestig sein kann...
Nach dem Entfernen des Lacks kam auch so einiges zum Vorschein, beispielsweise
hatte der Rahmen einen Riss an der Schweißstelle im Verbindungsrohr
zwischen den Unterzügen. Ich hab den Riss von einem geprüften
Schweißer richten lassen und den ganzen Rahmen mit Fertan Rostumwandler
behandelt und anschließend sauber gereinigt und grundiert:
Einige Dellen und Macken hab ich noch ausgekittet und das Ganze mit
Spritzfüller gefüllert.
Danach Wasserschleifen, Körnung 400. Die Tage vergehen, die Haut
auf den Fingerspitzen wird dünn, aber es geht voran. Die Farbgebung
war recht einfach für mich. Schwarz ist einfach zeitlos hübsch.
Leider wurde der Lack nicht so gut wie
ichs mir erhoffte. Aber ich bin eben kein Lackierer und ausserdem wäre
eine perfekte Lackierung bei einer Junak sicher nicht passend.
Die Gabelholme wurden mit feinstem Wasserschleifpapier und Politur
von Flugrost befreit und der Rest frisch lackiert, danach die Gabel
mit frischen Gabelsimmeringen wieder zusammengebaut.
Das Lenkkopflager war Rattermarkenfrei und so hab ich nur die Kugeln
gewechselt und frisches Lagerfett spendiert. Rahmen und Gabel durften
sich also wieder vereinen.
Danach habe ich meine Blechteile probemontiert und festgestellt, dass
sowohl Lampengehäuse (3 teilig) wie auch die Kotflügel ziemlich
krumm und verzogen waren.
Ausserdem sicher schon 3 mal gestrichen. Aber gut, erstmal Lack ab.
Wieder Winkelschleifer und Flex. Probemontieren, dengeln. Probemontieren
dengeln.
Schlussendlich habe ich das Zeug halbwegs gerade und auch fast beulenfrei
bekommen. Tank und Seitenkästen waren nicht so schlecht, jedoch
auch schon des öfteren gestrichen. Also Lack ab.
Spengeln. Grundieren. Kitten, Füllern. Schleifen. Lackieren. Zum
Trocknen der Teile hab ich sie auf einen Rahmen gehängt und vorsichtig
ins Hochregallager in der Firma gehoben.
Mein Container ist inzwischen zu kühl für sowas. Tja, leider
hatte am
nächsten Tag ein Staplerfahrer keine Augen im Kopf. Er hat meine
Teile nicht gesehen und so kamen sie zu einem Freiflug: kein guter Wochenbeginn
für mich und das Projekt.
Also nochmal. Die Arbeit von 2 Wochen umsonst... Das war der Zeitpunkt,
an dem ich am liebsten wieder aufgehört hätte. Aber ich hab
ja schon Geld und viel Arbeit investiert. Gut, alles nochmal. Zwei Wochen
später sind die Bleche in neuen Glanz
auferstanden.
Und ich hab keinen Bock mehr auf Blech und mache deswegen mit den Laufrädern
weiter. Die wurden, weil überaus verkaufsfördernd, mit Felgensilber
komplett übertüncht und waren inzwischen ganz klar auch rostig.
Also Laufräder fotografiert und vermessen. (Wichtig, denn sonst
kann ich die Räder nie wieder einspeichen).
Dann die Felgen auf Rundheit vermessen und befunden, dass sie für
eine Junak noch gut genug wären.
Gut, also entnippeln das Ganze. Auch hier war zu meiner Freude nichts
festgerostet. Na wenigstens etwas. Die Naben mit Scotchbrite von der
silbernen Lackierung befreit und die Aluminiumnaben und Bremsankerplatten
poliert.
Leider ist bei den Felgen unter der Tünche der Chrom hin, weswegen
sie geschlieffen und in silber lackiert werden (und zwar im gleichen
Farbton wie die Gabelteile), genauso die Speichen.
Wie weitergeht beschreibe ich euch dann im zweiten Teil der Junak-Geschichte
:). ...hier gehts zum Teil 2...
Grüße vom Michael
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