¬ alteisentreiber.de - Dreiländerfahrt 2010 (eine Winterausfahrt vom Georg D.) |
Dreiländerfahrt 2010oder: DLWF, Unfall, Kupplung, ADAC ...
Hallo miteinander. Ich weiß, es ist eine blöde Überschrift, aber da es eine etwas längere Geschichte ist... Los ging alles am Freitag um 11°°. Da bin ich zur 3 Länder-Winterfahrt gestartet. Als ersten Punkt hab ich mir Bretzwil im Basler Umland ausgesucht. Bei der Abfahrt war noch alles trocken, aber schon ab Karlsruhe leichter Regen. Trotzdem waren die ersten 300 Km kein Problem und fast wäre ich auch ohne zu Schrauben angekommen. Am steilen, schneebedeckten Anstieg zum ersten Kontrollpunkt macht mein Motorrad laute Geräusche und will nicht mehr vorwärts. Absteigen und im 1. Gang mit Schieben den Berg hoch. Dann den 2. rein und ich schaff die letzen paar Meter fahrend. Bis um 16°° hab ich noch eine halbe Stunde Zeit , schraube den Limadeckel runter und sehe, dass die Kette zu locker ist. Die hatte ich aber erst vor zwei Wochen gespannt. Also nochmal nachspannen, Deckel drauf, probefahren - alles in Ordnung. Dann gilt es die erste Aufgabe zu lösen, die Teilnehmer stehen schon Schlange. Los gehts zum 2. Kontrollpunkt am Dreiländereck in Basel, mittlerweile wird es schon dämmerig. Irgendwas stimmt nicht, ich hab nur noch die drei kleinen Gänge. Egal, zum Kontrollpunkt sind es noch ca. 20 Km, die schaff' ich noch. An eine Kreuzung ran, abbremsen und runterschalten. Geht aber nicht. Dafür gehts hoch und jetzt hab ich nur noch Gang 4 und 5. So kann man aber nicht fahren und ich rette mich bei mittlerweile starkem Regen in eine Bushaltestelle. Am Kupplungszug kann ich die Schaltung soweit justieren, dass es erst mal weiter gehen kann. Das Dreiländereck ist mittlerweile abgehakt, inzwischen ist es stockdunkel, der Regen bleibt. Auf gehts Richtung Utzenfeld im Süd-Schwarzwald, mittlerweile im richtig starken Regen, ich spüre schon wie ich langsam im Nassen sitze. Der Regen wechselt jetzt in Schneefall über, nicht minder heftig. Das einzig positive ist mein Heizvisier. Den Atemabweiser hab ich probeweise auch aus dem Helm genommen, jetzt ist alle noch viel besser. Immer klare Sicht und keine angelaufene Brille. Und ich spüre die Wärme um die Nase, super. Nur bei sehr heftigem Schneefall muss ich mal mit dem Finger übers Visier wischen, so schnell kann der nicht schmelzen. Nie mehr fahr ich ohne ein solches Visier im Winter, das ist einfach genial und überhaupt kein Luxus, sondern eigentlich ein Muss. Am Kontrollpunkt Utzenfeld zieh ich meinen Thermoboy an, der ist noch trocken. Und vom Kumpel Andreas krieg ich noch eine zweite Regenkombi. Dann gehts weiter, wir fahren jetzt mit zwei Gespannen in die Nord-Vogesen. Nochmal ca. 160 Km, um am nächsten morgen pünktlich um 6°° am Punkt Wildersbach starten zu können. Schlafen können wir in einer Scheune, in Gesellschft einer kleinen Schafherde. Nachtruhe keine, dafür trocken. Um 5°° aufstehen und packen. Dann um 6°° die Aufgabe lösen und los Richtung Tete de Coquin. Meine Freunde lassen es mit dem EML-Gespann flott angehen, ich habe so meine Schwierigkeiten, dran zu bleiben. Dann, auf einmal sind wieder nur die unteren Gänge schaltbar. So komm ich natürlich nicht hinterher und ein LKW drückt sich zwischen uns. Dann geht die Schaltung wieder. Ganz vorne seh ich zwei Rücklichter, denen fahr ich nach ohne aber näher zu kommen. Irgendwie stimmt was nicht, die Richtung kommt mir komisch vor. Es ist noch immer stockdunkel. An einer Baustellenampel komm ich dann näher und sehe, dass ich einem PKW nachgefahren bin, meine Kumpels sind weg. Dann hab ich doch mal die Landkarte raus geholt und nach dem richtigen
Weg gesehen. Leider hilft mir mein Navi in Frankreich nichts, da hab
ich keine CD dazu. In der Schweiz und natürlich in Deutschland
war es da einfacher, obwohl man vom Navinachfahren ja etwas blöd
wird und keinerlei Orientierung mehr hat. Jetzt hätte es mir geholfen.
Ja, ich bin ca. 10 Km falsch gefahren, kein Beinbruch, aber hier ist
der Zeitrahmen schon sehr eng gesteckt und wer etwas ehrgeizig ist,
muss sich schon sputen. Also zurück nach Schirmeck, da gibt es
schon wieder ein mir gänzlich unbekanntes Geräusch und die
ETZ zieht nicht richtig. Anhalten, nachsehen, es ist immer noch dunkel.
Die Ursache ist schnell gefunden, der Krümmer ist lose. Hab den
denn schnell von Hand wieder angeschraubt und weiter, doch nach 15 Km
ist er wieder locker. Nochmal angezogen, wieder von Hand, da ich im
Dunkel nicht nach Werkzeug suchen will. Einen Hakenschlüssel hab
ich sowieso nicht. Dann weiter über den Donon, langsam dämmert
es und ich erreiche Celles sur plaine um zum Coquin auf zu fahren. Aber
der Kontrollpunkt ist schon auf 1/4 der Höhe, da danach alles nicht
mehr passierbar ist. Aber auch bis hierher ist es schwierig, und wenn
dir ein Krad entgegenkommt, wird das Ausweichen schwer. Auch hier die
Aufgabe bewältigt und weiter und weiter zum Signal de champs, oberhalb
von Grand Valtin. Zwischendurch heißt es immer mal wieder die
Kupplung nachzustellen, ein paar mal auch den Krümmer anziehen.
Auf jeden Fall meldet mein Navi als ich oben bin: bitte drehen Sie wenn möglich um. Klar, es ist möglich, nur hab ich wieder eine halbe Stunde verloren. Wieder den Berg runter, dann finde ich auch ohne Navigationshilfe den richtigen Weg. Wieder gehts im Wald auf verschneiten Pfaden hoch. Wegen einem Solofahrer muss ich ausweichen und bleibe im Tiefschnee stecken. Der Solofahrer ist jetzt allerdings weg und ich krieg die MZ nicht aus dem Schnee gezogen. Nach ein paar Minuten klappt es dann doch, aber ich bin nass geschwitzt. Der Kontrollpunkt ist nicht weit, aber im Tiefschnee. Aufgabe lösen, weiter. Wieder fahre ich mich fest, aber mit Schiebehilfe komm ich weg. Ein Kollege versucht seine ES anzuwerfen, vergeblich. Ich hab keine Zeit mehr und muss weiter, seine Kumpels sind ja dabei und helfen. Hab dann aber doch mal angehalten, um mich mal um den Krümmer zu kümmern, der noch immer regelmäßig lose wird. Wie gesagt, einen Hakenschlüssel hab ich nicht dabei, aber wenn ich bedenke, wie viel Zeit ich schon in die Improvisation gesteckt hab, dann hätte ich es auch gleich richtig machen können. Also nehm ich mein Beil und einen mittlerweile eh schon stumpfen Stechbeitel, um die Krümmermutter anzuziehen. Die geht nie wieder von alleine auf. Am Übergang von der Schneepassage zum Asphalt steht ein Solofahrer,
der auch zum Ziel in Ferrette will. Ich habe mich entschieden, den letzten
Punkt in Loveresse nicht mehr anzufahren, da es zeitlich einfach zu
eng werden würde. Wir quatschen etwas und ich sage, dass ich mich
ihm einfach anschließen werde (da muss man wieder nichts denken
- der Kutscher kennt ja den Weg). Während unseres nun doch schon
längeren Gesprächs sagt er mir, dass er nur noch auf seine
Kumpels wartet, die noch am letzten Punkt sind. Das waren eben die,
die unter anderem auch mit der ES da waren. Oh, sag ich, die wird wohl
nicht anspringen, wie spät ist es denn eigentlich? 14:50 sagt er.
Verdammt, nur noch 40 Minuten Zeit, um ohne Strafpunkte im Ziel anzukommen
und noch 40 Km zu fahren. Hab dann den Grenzübergang nach Frankreich
im Navi eingegeben (das Ziel selbst einzugeben ging ja nicht, weil keine
Frankreich-Karte vorhanden ist). Ok, warten kann ich nicht mehr, also
alleine los. Das Navi sagt: Erreichen der Grenze um 15:18. Ich lass'
es laufen und geb Gummi, ich kann das ohne Abzug schaffen. Die Unfallgegener (heißt das so?) sind Schweizer, sprechen kein Deutsch oder Englisch, ich kein Französisch. Trotzdem sind sie sehr nett und haben durchaus Verständnis für die Situation. Wir stellen die MZ wieder auf die Beine, damit der Sprit nicht ausläuft. Leider habe ich außer Personalausweis und Führerschein keinerlei Papiere dabei. Sie notieren alles, Fahrzeugpapiere hab ich nicht da, und holen trotzdem keine Polizei. Dafür bin ich sehr dankbar, denn in der Schweiz kostet das erstmal immer einiges. Sie verlassen sich auf mein Wort (nur ich alleine weiß dass das wirklich zählt) und ich kann es kaum fassen (woher dieses Vertrauen?). Der Audi fährt samt Besatzung weiter. Ich bleibe zurück und will erst mal eine Bestandsaufnahme machen. Der Seitenwagen ist verbeult und eingedrückt, das Rad steht schief und dreht sich nicht mehr, der Kotflügel ist eingedellt, mein Gepäck liegt verstreut herum... . Während ich so alles mal sortiere, kommt ein einheimischer Bauer
vorbei, er spricht deutsch. Im Ort unterhalb der Staße sei sein
Hof, und wenn ich Hilfe bräuchte, könne ich mich jederzeit
an ihn weden. Das Motorrad könne auch bei ihm abgestellt werden.
Ich bedanke mich, will aber erst mal selbst für alles Weitere sorgen. Ein Kick, die Emme läuft. Gang rein und Gas geben, dabei schieben,
zerren, ziehen. Das Hintererad wühlt, aber es ist fast aussichtslos.
Mit letzter Kraft schaffen wir beiden wieder Gripp unter die Räder
zu kriegen. Wir sind auf der Straße, die Kupplung stinkt gewaltig.
Ich sortiere das Gepäck, packe alles wieder zusammen und denke,
dass ich es bis Ferrette schaffen kann. Also ankicken und los, denk
ich. Natürlich ist klar, dass ich mittlerweile nicht mehr in der
Wertung bin. Nur: In meiner Not rufe ich den ADAC an. Warteschleife, Callcenter: möchten
Sie uns ihr Problem schildern - drücken Sie die 1, keine Probleme
- die 2, Probleme im Ausland - 3 usw. Es dauert ewig, da meldet sich
dann eine Dame. Ich schildere ihr mein Problem. Frage: wo befinden Sie
sich genau. Weiß ich nicht, laut Navi auf der Route de Bourrilongne.
Das brauch ich schon genauer, sagt sie. Ganz genau hab ichs, nur weiß
ich nicht wie's heißt, ich geb ihr die Koordinaten durch, welch
auf dem Navi stehen. Genauer gehts dann wirklich nicht mehr. Nach kurzer
Zeit sagt sie mir, sie könne damit nichts anfangen, ich müsste
ihr schon den Längengrad durchsagen. Oh Gott, die Tante blickts
nicht. Während ich noch mit ihr telefoniere bricht die Verbindung ab.
Kein Guthaben mehr. Das ist mir noch nie passiert, weil mein Handy immer
automatisch wieder aufgeladen wird, per Bankeinzug. Nur hat eben dieses
Auslandsgespräch mit dem ADAC (Warteschleife usw.) eine Menge Geld
gekostet. Und so schnell laden die Leute meines Telcos (mit dem bin
sehr zufrieden bin) nicht nach. Also halte ich das Auto an, der Fahrer nimmt mich auch gleich mit.
Beim Bauernhof steige ich aus und klingle. Andre, so heißt der
Bauer, ist in der Werkstatt und ich suche ihn dort auf. Von diesem Menschen
und seiner spontanen Hilfsbereitschaft bin ich so beeindruckt und gerührt,
dass mir fast die Tränen kommen. Wir sitzen also im Gemeinschaftsraum am Zielpunkt in Ferrette und lassen
es uns gut gehen. Hier gibt es Kronenbourg-Bier in 0,75l Flaschen, von
denen schütt' ich mir ein paar rein, ein Flachmann macht die Runde,
zwischendurch noch Spaghetti. Meine Geschichte muss ich jetzt schon
zu 5. Mal erzählen. Alleine mein Kumpel Otto (Rentner und Beifahrer
von Andreas mit dem EML-Gespann) will die Geschichte zweimal hören.
Er sitzt hier auch schon ein paar Stunden länger als ich und das
merkt man deutlich. Vor allem schätzt er schon seit Stunden das
Alter einer Dame hinter dem provisorischen Thresen. Ich habe keines mit, sondern nur eine Plane eingepackt. Wo ich meine Taschenlampe habe , weiß ich nicht mehr. Die hab ich nach dem Unfall irgendwo reingesteckt. Und ohne Lampe find ich jetzt die Lampe nicht. Also im Dunkeln, bei sternenklarer Nacht, das Feldbett aufgestellt, Schlafsack drauf, fertig. Die Plane pack ich nicht aus, ich denk mir, das bißchen Tau am Morgen kann nicht so wild sein. Wäre wohl auch so gewesen. Nach ein paar Stündchen Narkose wache ich auf und es regnet. Außen ist der Schlafsack schon tropfnass, innen zum Glück noch trocken. Aufstehen, doch noch die Plane rausholen, welch ich aber nur über mich lege. Nur am Kopfende hänge ich einen Gummispanner ein und mache den an einem Busch fest, so dass mir die Plane nicht auf dem Gesicht zu liegen kommt. Weiterschlafen bis um 8°°, dann stehen die Freunde auf und gehen frühstücken. Also während meine Freunde noch beim Frühstück sitzen, packe ich meine Schlafstatt zusammen und verpacke alles in die Ortliebsäcke. Die Plane ziehe ich über das Gespann, um im Trockenen daran arbeiten zu können. Ich kram die Werkzeugbox raus, welche durch den Unfall auch zerbrochen ist und mach mich dran, die Kupplung einzustellen. Mittlerweile ist auch Andreas wieder da und geht mir zur Hand. Eigentlich geht das ja auch alles ziemlich schnell, Kupplung fühlt sich gut an, alles wieder festziehen, kicken. Wieder läuft das Moped beim ersten Kick, habs fast schon so erwartet. Gepäck aufladen, Rüstung anziehen und runter von der Zeltwiese. Jedenfalls fast. Der Boden ist leider nicht gefroren und daher matschig, ich muss schon ein wenig mit dem schmierigen Untergrund kämpfen, also viel Gas und durch. Ich komm fast raus, den Rest schieb ich mit Andreas'`Hilfe. Die MZ hab ich dabei abgewürgt. Wieder draußen auf Asphalt betätige ich den Kicker, aber diesmal rutscht er durch. Sch***e, mit der Kupplung wird das wohl nichts mehr. Die BMW ist auch draußen und wir schieben die Emme an. Drei Meter weiter läuft sie, aber beschleunigen ist sehr mühsam, die Kupplung rutscht. Wir fahren los, sehr zaghaft, ich muss extrem vorsichtig beschleunigen (naja, so kann man es eigentlich kaum nennen). Ganz langsam nur kann ich Fahrt aufnehmen, sobald ich auch nur minimal zu stark am Gasgriff drehe, ist das einzige was sich bewegt die Drehzahl. Vorschub gibt es keinen merklichen. Wir wollten durch die Vogesen wieder heimwärts fahren, aber das können wir vergessen. Andreas kennt eine Strecke Richtung Mühlhausen (in Frankreich), die kaum oder fast keine Steigungen hat. So plagen wir uns die nächsten vielleicht dreißig Km. Kurz vor Mühlhausen versuchen wir auf die Autobahn zu kommen, um den Stadtverkehr zu umgehen. Es ist nicht möglich, jetzt geht gar nichts mehr vorwärts und ich bin froh, dass wir gerade noch vor der Autobahn, quasi auf der Auffahrt stehen bleiben. Jetzt hilft nur noch das Abschleppseil. Andreas hängt mich an die Kuh und wir fahren von der Auffahrt
wieder runter, weil uns abschleppen auf der Autobahn doch zu gefährlich
erscheint. Nicht etwa wegen dem Fahren, nein wegen der Polizei und den
eventuell damit verbundenen Kosten. Auf dem Parkplatz pack ich mein Werkzeug aus, und mach mich erneut
ans Kupplungeinstellen. Noch hab ich Hoffnung vielleicht doch noch auf
eigener Achse nach Haus zu Kommen. 250 KM liegen noch vor mir, aber
als ich den Deckel runternehm und den Gestank bemerke, ist mir fast
schon klar, dass es nichts mehr werden wird. Die MZ springt wieder gleich
an, aber keinerlei Vorschub. Ich mach noch zwei weitere Einstellversuche,
dann geb ich auf. Handy raus und den ADAC angerufen. Ich hab wieder
eine Callcentertusse dran, die mich nach meiner genauen Position fragt.
Diesmal ist es ganz einfach: ich steh genau an der Auffahrt zur A5,
auf einem Park&Ride Parkplatz, Richtung Basel, Abfahrt Müllheim,
an der Straße nach Mühlhausen. In der Zwischenzeit hab ich privat so alles versucht was möglich
ist. Aber ohne Erfolg. Da wären wohl ein paar Freunde, aber denen
wollte ich das Abholen nicht zumuten, da ich weiß, dass sie schon
in wenigen Stunden wieder mit dem LKW unterwegs sein werden. Der Abschleppwagen ist wirklich binnen einer halben Stunde da, nimmt
mich Huckepack und bringt mich nach Bad Krotzingen zum Autohaus. Mehr
ist ja nicht drin, ich bin halt nur Basis- Mitglied.
Gruß Georg --- Danke Georg. Bist nominiert für den Balls of Steel Award 2010
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