Fahrtenbuch vom Justus
Mittwoch, 21. Januar 2009, Aschaffenburg
Vivian, Jules und Jethro melden sich morgens um zehn von der Fähre
in Dünkirchen. Sie wollen ein Radlager wechseln und dann zu mir
kommen. Ich koche Gulasch, rolle Knödel, putze Salat und schneide
Obst. Ich rechne zum Abendessen mit sechs oder sieben Personen, die
ich für hungrig halte. Die drei Waliser treffen um kurz vor vier
bei mir ein. Wir begrüssen uns, parken die beiden Gespanne und
ich fahre erst mal mit Jules ein paar Radlager kaufen. Anschliessend
gibt es was zu essen und dann im letzten Licht des Nachmittages einen
Stadtrundgang durch Aschaffenburg. Irgendwann trifft Olli aus dem Kölner
Grossraum kommend ein und bekommt auch was zu essen. Dann geht es noch
ab in den "Schlappeseppel", eine Aschaffenburger Traditionskneipe.
Während wir dort zechen kommt Ralf aus der Nähe von Bremen.
Ich gehe also heim, um ihn erstmal mit ein wenig Essen zu versorgen,
aber bis wir beim Dessert sind sind die anderen zurück. Wir quatschen
noch bei einer Flasche Wein bis gegen eins und fallen dann alle in die
Betten.
Donnerstag, 22. Januar 2009, Österreich
Ich bin gegen vier bei mir losgefahren und möchte gegen 11 in Niklasdorf
beim Uwe sein. Das klappt sogar etwas früher. Ich reise mit dem
Utz, der sich unbeugsam und kreuzbrav benimmt, aber die Autobahn auch
nicht spannender machen kann. Hinten drin steht der Bertel und müffelt
nach Benzin. Beim Uwe angekommen holen wir gleich noch dessen liegengebliebenen
Deuche an der Abschleppstange heim. Dann gibt es Kaffee, ich packe den
Bertel und mein Gepäck aus und wir warten auf den Herrn Präsident,
der samt Gefolge um die Mittagszeit herum beim Uwe eintreffen möchte.
Der Herr Präsident erscheint mit Lastenboot-bewehrter Eisenschwein-MZ
mit leckeren Details. Hydraulischer Türöffner am Gepäckabteil
und Lärchenholz Gepäckträger, um nur zwei zu nennen.
Im Schlepptau hat er Phillip mit seinem BMW Gespann und Phil auf dessen
Solo Honda-XR-Enduro. Ein paar Tassen Kaffee später brechen wir
auf. Nette Landstrassen bis zur Familie Staudacher. Dort gibt es Kaffee
und Kuchen und Benzingespräche. Die Staudachers sind unglaublich
liebenswürdige und freundliche Menschen!
Ich frage in die Runde der erfahreneren Winterkradierer, ob eine Schneekette
am Vorderrad beim Bertel sinnvoll sei. Das wird allgemein bejaht. Hubert
Staudacher sieht nach, findet aber keine 21 Zoll Kette mehr. Er sagt:
"Wenn ihr eine Viertel Stunde Zeit habt, dann mach ich Dir schnell
eine." Und tatsächlich: nach kaum 15 Minuten passt er mit
seinem Sohn eine Kette auf meinem Vorderrad an. Riesig!
Von den Staudachers aus geht es zum Einkaufen (Notwürste an Bord
nehmen und Brot besorgen, das nie gegessen wird) und dann weiter nach
Hohentauern. Auf dem Parkplatz hilft mir Uwe, die Ketten aufzulegen.
Einer muss das Mopped über den Seitenständer kippen, während
der andere die Kette auflegt. Die beiden Staudacherketten passen hervorragend.
Das Hinterrad habe ich schräg in den Rahmen gestellt, damit die
Antriebskette und die Schneekette sich nicht berühren. der Bertel
fährt sich viel besser, als ich erwartet habe.
Dennoch habe ich erstmal einen gewaltigen Respekt vor dem Schnee und
vor dem Berg. Ich fahre runter zur Mauthütte noch wie auf Eiern
wegen der Schere in meinem Kopf. An der Mauthütte ist noch Streckensperrung
wegen der Rodler. Da gibt es erst einmal ein grosses Hallo mit vielen
lieben Freunden. Ich bitte darum, als einer der letzten fahren zu können,
um niemanden aufzuhalten. Und ich sage:"Ich werde es mindestens
zehn Mal versuchen, ob ich den Bertel nicht doch da hoch bekomme, falls
ich scheitern werde, und davon mindestens drei Mal heute." Ich
habe Bedenken, weil ich ja meinen linken Fuss für die Kupplung
brauche, und daher nicht zum Abstützen habe. Ausserdem muss ich
zum Schalten den Lenker links loslassen. Mal sehen, was das wird...
Etliche Gespanne starten, der Zwillingspeter sagt, er würde nach
mir suchen, wenn ich nicht in angemessener Zeit oben sei und dann fahre
ich los, hinter mir der Phil mit seiner Solo-XR. Ich stelle fest, dass
die vordere Schneekette mir deutlich hilft, nicht dauernd in Spurrillen
von Vorausgefahrenen zu landen, und dass ich am Hinterrad satte Traktion
habe. Nach einem Drittel des Berges lasse ich es schon ein wenig schneller
angehen. Ich merke die Grenzen zum Drift, als ich mich ein wenig in
die Kurven lege. Dank der Staudacherkette aber alles sehr präzise
kontrollierbar. Ich fahre unterwegs an ein paar liegengebliebenen MZ
Gespannen vorbei. Bis oben holt mich keines davon mehr ein. Ich bin
am Zeltplatz und trage mein Grinsen rund um den Kopf. Das ging besser,
als ich dachte. Nach ein wenig Willkommensgeplaudere am Zeltplatz fahre
ich zur Hütte. Da denk ich schon garnicht mehr drüber nach,
sondern ich fahre einfach hoch. Der Bertel ist auf 1725 Meter im Schnee
und ich bin ein kleines bisschen Stolz, und froh, dass ich mich heuer
so entschieden habe...
immer noch Donnerstag, 22. Januar 2009, Edelraute
Beim Herbert erfahre ich, dass mein letztes Jahr schon vorbestelltes
Zimmer durch einen Irrtum bereits vermietet war. Also doch ins Lager.
Ich esse ein Hirschgulasch und fahre wieder runter zum Zeltplatz. Dort
gibt es ein paar schöne Gespräche am AiA Trommelgrill. Gegen
Mitternacht fahre ich wieder zur Hütte nehme einen Schlaftrunk
und gehe gegen eins zu Bett. Trotz meiner aus drei Stunden Schlaf der
vorausgegangenen Nacht resultierenden Müdigkeit hindern mich lautstarke
Diskussionen über die Vorteile von grossvolumigen Tanks an einer
XS 1100 und die Nachteile von Ehefrauen und Schwiegermüttern einzelner
Badenser am einschlafen. Die Jungs kennen den Unterschied zwischen Schlafsaal
und Stammtisch nicht. Aber irgendwann schlafen die halt ein und im Anschluss
ich dann auch...
Freitag, 23. Januar 2009, Edelraute
Morgens werde ich durch eine ebenso lautstarke wie fröhliche badische
Diskussionsrunde um die Vorteile grossvolumiger Ehefrauen und kleingeistiger
Tanks oder so ähnlich geweckt. Mein Ruf: "Jetzt gebts halt
amal a Ruh im Schlafsaal" wird mit gleichbleibend lautstarken Beschwerden
dass man sich nicht die Gosch verbieten lasse quittiert. Diese Diskussion
verzieht sich aber dann an den Frühstückstisch und ich versuche
nochmal eine Mütze Schlaf rauszuschinden, aber vergebens. Ich bin
mir des Druckes auf meine Blase bewusst geworden. Jetzt heisst es aufstehen...
Ein kurzes Frühstück - der einzige kulinarische Teil des Tages,
den man noch verbessern könnte - und dann runter zum AiA Zelt,
den Dienst übernehmen. Der Bertel mag bei diesen Temperaturverhältnissen
nicht gerne anspringen. Ich komme auf dieser höhe an meine Grenzen.
Mein fehlender Lungenflügel macht sich heuer bemerkbar, wie nie
zuvor in meinem Leben. Wie ich schon woanders schrub war das Begrüssungskommittee
heuer wesentlich netter und entspannter handzuhaben. Dann gegen Mittag
der Start zur Ausfahrt an die Bergerhubn ins Triebental. Ich bin so
motiviert, dass ich mit dem Bertel mitfahr. Mit dem Bertel zum Bertel
hat ja auch was... Auf dem Weg hin fahre ich langsam den Berg runter
und geniesse dabei zum ersten Mal in meinem Leben die miese Vorderradbremse
vom Bertel. Ich kann die Füsse unten lassen, was bergab auf vereisten
Stücken (z.B. die Gerade vor der Mauthütte) Pflicht ist, und
dank der Schneekette den Bertel nur mit der Vorderradbremse halten.
Die blockiert garantiert nicht! Die drei Kilometer geräumte Landstrasse
fahre ich langsam und rechts, bin schon ein wenig gelangweilt, da kommen
mir die Schwaben entgegen und ich kann mir die Zeit mit winken und freuen
vertun. Auf der Schneefahrbahn ins Triebental kann ich es dann wieder
ordentlich angehen. Teilweise drehe ich den zweiten Gang aus und mache
erste Driftversuche. Eine höchst genussvolle Fahrt! Beim Berger-Bertel
gibt es Gulasch und eine fröhliche Tafelrunde. Danach geht es mit
hoher Geschwindigkeit den Berg wieder hoch. Diesmal bleiben die Füsse
auf den Trittbrettern. Nur in Kurven geht der kurveninnere Fuss zu Boden,
um den leichten Drift besser kontrollieren zu können.
Am Zeltplatz angekommen treffen wir Vorbereitungen für das Rodelrennen.
Sechs höchst motivierte Rennrodler/innen und ein Nachzügler
starten vom Zeltplatzrand und werden an der Mauthütte von Gespannfahrern
wieder eingesammelt und hochgefahren. Nachdem dieser Punkt von einigen
Teilnehmern des Rennens nicht selbst vorbereitet worden war, habe ich
noch ein paar Gespannfahrer um Rücktransport gebeten und dafür
selbst einen kleinen Begrüssungsdienst übernommen.
Dann um sieben ging es hoch zur Hütte, ein Abendessen verdrücken
und an der Begrüssung teilnehmen. Pünktlich dazu setzte Schnee
ein.
Also gegen neun im tiefen Neuschnee wieder zu den Zelten
gebertelt. Dort gab es reichlich schöne Gespräche und Begegnungen.
Gegen Mitternacht sind einige Moppeds auf dem Weg zur Hütte an
dem Steilstück kurz vor der Spiegleralm gescheitert. Der Bertel
ziert sich beim anlassen, was etliche Anwesende zu freuen scheint, die
sich genüsslich in ihrer HD-Vorurteilsschublade verbal räkeln.
Ich versuche mein Glück und komm ganz gut in die Gänge. Durch
den tiefen Schnee ist es schwieriger Spur zu halten, da ich die Spurrinnen
unter dem weichen Neuschnee nicht sehen kann. An einem tief verschneiten
Teilstück wird mein Kickstarter nach hinten gezogen und bleibt
leer durchratschend und hässliche Geräusche von sich gebend
hinten hängen. Da mache ich den Fehler, die rechte Hand vom Gas
zu nehmen, um den Kicker wieder nach oben zu positionieren. Von dem
daraus resultierenden Schwungverlust hat der Bertel sich nicht mehr
erholt. Kurz vor der Spiegleralm gräbt sich das Hinterrad immer
tiefer in den Schnee, ohne weiteren Vortrieb zu spendieren. Aus. Ruhe.
Bis auf mein luftarmes gejapse.
Erst Mal zu Luft kommen. Dann versuchen, den Bertel zu drehen, was mir
alleine nicht gelingt. Dankenswerterweise helfen mir zwei Fussgänger,
die auf dem Weg von der Hütte zum Zeltplatz sind. Ich fahre wieder
nach unten und parke den Bertel neben dem AiA Zelt. Mit dem Hans laufe
ich später zur Hütte hoch und merke, wie anstrengend das heuer
für mich ist. Oben werde ich Zeuge einer unfeinen zunächst
lautstarken, später handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen
volltrunkenen Deppen. Der Bernhard und ich müssen schlichtend Eingreifen
und die Deppen trennen. Dann darf ich mir eine Cassette von dem einen
Deppen ins Ohr drücken lassen über Schneehöhlen und Schwiegerleute
und ob er noch ein Bier kriegt. Er bekommt keines, trollt sich irgendwann
mit seiner Partie zum Zeltplatz und ich kann auch zu Bett. Heute sind
die Badenser deutlich weniger gesprächig im Schlafsaal.
Samstag, 24. Januar 2009, rund um Trieben
Aufstehen, frühstücken, zum Zeltplatz laufen. Dort ist schon
erste Aufbruchstimmung zur grossen Ausfahrt. Ich darf Kneptamitfahren.
Da freue ich mich schon drauf. Den Berg runter läuft alles manierlich.
Uwe ist noch müde, weil er bis auf zwei Stunden Schlaf die Nacht
mit Peter am Berg verjuxt hat. An der Tankstelle in Trieben wird ein
wenig Benzin geredet und kaum, dass wir weiter gefahren sind verflüchtigt
sich der rechte Zündfunke an der Knepta. Ein wenig Strassenrandgebastel
und wir kürzen die Hinfahrt ab, um die anderen wieder einzuholen.
An einer Tankstelle in Admont trinken wir Kaffee und Uwe beschraubt
die Knepta. Ein Ansaugstutzen wird geflickt, Vergaser werden entleert
und gereinigt, Zündspulen versetzt und getauscht und die komlpette
Zündkabelsammlung wird ausprobiert. Dann eine Probefahrt den anderen
entgegen, die wir auf der Eisbahn entlang des Bahndammes treffen. Dann
hoch zu einer Gastwirtschaft mit sehr ordentlichem Mittagessen, das
der Herr Präsident leider verschraubt.
Nach dem Essen darf ich Knepta fahren. Ich habe ja kaum Gespannerfahrung.
Insgesamt keine dreitausend Kilometer in dreissig Jahren. Gefahren habe
ich eine MZ TS Superelastik mal kurz, eine NSU Max Steib LS200 etwas
weiter, ein wenig BMW R80 mit Russenseitenwagen ohne Boot, eine Guzzi
V7 Velorex und ein paar Kilometer mit meiner ISH. Nach etwa fünf
Kilometer mit der Knepta steht für mich fest: ich möchte ein
schweres viertaktiges Gespann. Kneptafahren ist genial!
- pic vom Richard aus den Niederlanden -
immer noch Samstag, 24. Januar 2009, rund um Trieben
Nach ein paar Kilometern übernimmt Uwe wieder seine Knepta. Wir
fahren bis zur Tankstelle in Trieben gemeinsam. Dort biegen wir ab,
tanken voll und treffen auf Peter und Blechroller-Olly mit deren Ural
Gespannen. Ein offenbar russischer Angestellter der Tankstelle zieht
schnaubend an der Knepta vorbei und murmelt abfällig.
Peter wundert sich, dass die Exilrussen sowas offenbar nicht schätzen
können. Dann interviewt Olly den Mann noch Mal.
"Das Mist, ganz grosse Scheixxe. Das nix gut. Vorher 6 Volt noch
gut, aber das Mist (zeigt auf die Dnepr) und das grosse Mist (zeigt
auf die Ural). Zuviel PS, Reifen gleich kaputt! Bis 1982 das gut aber
danach nix gut. Gleich immer Reifen weg. Zu starke. Ich das genau kenn."
Ich frage ihn aus gegebenem Anlass nach meiner ISH. "Ohjoj!"schreit
er, "Ish, das grösste Scheisse. Immer reparieren, dann 2 km
fahren dann schon kaputt! Ich kenn mich aus!" Wieder was gelernt.
Die Triebener Rampe hoch verfolgen wir den Blechrollernen. Die Knepta
hat wieder Zündaussetzer. Am Parkplatz in Hohentauern wird erst
mal der Vergaser ambulant zerlegt.
Im Dunkeln geht es dann der Berg hinauf. Die Knepta ist
immer noch krank.
Oben angekommen starte ich erst mal den Bertel, fahre zur Hütte
und ziehe mich um. Dann kommt grade der Uwe und der Albert, der Herr
Ingenieur und der Bründel Sepp zur Hütte, wir trinken ein
Glas zusammen und wollen runter zur Grilltrommel. Ich habe schon zwei
oder drei Gläser Most, bekomme Respekt vor dem eigenen Mut und
beschliesse, den Bertel stehen zu lassen. Auf den Transportkisten vom
Sepp fahre ich mit nach unten. Der Mann kennt das Wort Angst nicht und
lässt sicher nichts anbrennen. Der Sepp gibt Gas, dass sich die
BMW wie ein Raubtier anhört und schiesst im Drift bergab um die
Ecken, dass es eine Freude ist. Zum turnen komme ich garnicht, weil
ich mit festhalten vollauf ausgelastet bin. Heidewitzka, welch Vergnügen!
Am Feuer wird mir mit herausragenden Lense met Spätzle und Seidawürscht
aufgewartet. Grosses Kompliment an den Roll für seine Küchenfertigkeit
und den stilvollen Transport! Anschliessend gibt es Glühmost und
ein Ingenieuses Blunzengeröstel, das ebenfalls seines Gleichen
sucht. Das Tauerntreffen entwickelt sich zum Gourmetevent. Zeltplatzküche
auf höchstem Niveau! Irgendwann des Nachts fährt der Uwe mich
durch Schneewehen nach oben, wir trinken ein Abschlussbier und ich gehe
zu Bett.
Sonntag, 25. Januar 2008, Österreich
Morgens um sieben werde ich von badensischen Diskussionen (grossvolumige
Schwiegerfrauen mit Ehetanks oderso) geweckt. Die Jungs haben irgendwann
aber auch den letzten Schlafsack verschnürt und ich geniesse bis
neun die ungewohnte Ruhe. Dann frühstücke ich mit Matthias
B. ausgiebig. Irgendwann gesellt sich Dirk dazu, dann Peter und der
Barde....
Dann fahre ich an den Zeltplatz und helfe ein wenig dabei, die Spuren
im Schnee wegzutarnen und zuzuschaufeln. Nach etwa zwei Stündchen
sieht der Zeltplatz wieder aus wie ein Parkplatz. Peter ist so liebenswürdig,
ein paar Bertelfotos zu machen, weshalb ich eigens noch ein paar Extrakreise
fahre. Dann geht es hoch zum Herbert, auf eine letzte Mahlzeit und ein
Adieu.
Als wir loswollen will der Bertel ums verrecken nicht anspringen. Ich
bin völlig am Ende, als er schliesslich nach einer Viertel Stunde
der Bemühungen läuft. Die anderen, sprich Herr Präsident
auf Starrrahmen-MZ, Uwe auf überladener Knepta mit Albert am Schleppseil,
dessen Bullet einen Pleuelschaden hat, Phil mit der Solo-XR sind schon
mal los. Der Ingenieurs-Alex mit seiner Seilstart-Panuki kommt schauen,
wo ich bleibe, da geht der Bertel endlich an und ich kann mit Alex den
Berg runter. Ich wink ihn vorbei, weil der Herr Ingenieur sicher schneller
den Berg hinabtobt als ich und nach zwei Kurven habe ich ihn aus den
Augen verloren. Die Strecke ist vereister geworden bergab, und die zahlreichen
Spurrillen der vorausgefahrenen Gespanne machen sie nicht einfacher.
Kurz vor der Mautschranke komme ich auf einer Eisfläche ins rutschen
und bin in dem Dilemma gefangen, die Füsse oben lassen zu müssen,
um rechts das Hinterrad zu bremsen und links zu kuppeln, während
ich sie zugleich unten brauche, um den schlitternden und rutschenden
Bertel zu stabilisieren. Ich kupple schnell links aus, nehme das linke
Bein runter und komme quer driftend knapp vor der geschlossenen Schranke
zum stehen. Die Mautnerin hat recht grosse Augen, als sie mir die Schranke
öffnet, sagt aber nichts. Kurz vor dem Parkplatz in Hohentauern
überhole ich Phil. Ich dachte, der habe unterwegs gehalten, um
auf mich zu warten. Hat er aber nicht. Da schleicht wieder so ein kleines
selbstzufriedenes Lächeln auf meine Lippen
Am Parkplatz nehmen wir die Ketten ab und fahren in einem malerischen
Konvoi Richtung Niklasdorf. Voraus die Knepta hochaufgetürmt mit
zwei Drittel der TT Ausrüstung, am Seil eine Bullet mit Lastenkistenboot
links. Dann der Bertel, cooler Herzensbrecher mit spärlichem Rücklicht,
eine Seilzuggestartete Panuki mit wild schreiendem Herz, eine Starrrahmen-MZ
mit aerodynamischem Rennlastenboot nebst Lärchenholzaufbau und
Monoskisitzgleiter und irgendwo mittendrin der Phil auf seiner XR-Enduro,
die aussieht, als fahre er grade eine Rallye-Dakar-Etappe. Unterwegs
verlieren wir uns ein paar Mal aus den Augen, mal weil der Panuki der
Sprit auszugehen droht, mal weil der Herr Präsident einen gewohnten
Weg fährt und wir der Knepta zuliebe einen anderen, weniger steilen
wählen. Es ist gerade dunkel geworden, als wir in Niklasdorf eintreffen.
Ich lerne (leider viel zu kurz, wenn man die sympatische Ausstrahlung
bedenkt) Uwes Frau und Töchter kennen, werde mit Kaffee bewirtet
und beginne, den Utz zu beladen. Erst die Mitbringsel an den Herrn Präsident
raus, dann den Bertel rein, dann mein Gepäck, dann das vom Robert,
der mit Getriebeschaden an seinem tschecherl schon bei Uwe auf uns wartet,
dann das Gepäck vom Albert, der seine Bullet beim Uwe lässt
und mit Robert und mir nach Wien fährt.
Die fahrt bis Korneuburg zu Robert ist ereignislos. Wir verabschieden
uns und sagen bei Christian (Forenname Hudriwudri) bescheid, dass wir
im Anflug sind, und mit dem geht es morgen weiter.
Immer noch Sonntag, 25. Januar 2009, Wien
Rrrrumms. Shocked Confused Irgendwas weisses taucht irgendwo auf der
Autobahn plötzlich vor dem Utz auf und kracht vorne rein. Keine
Chance, auszuweichen oder überhaupt irgendwie zu reagieren. Ein
tieffliegender Fasan meint Albert. Schade um das Tier.
Bei der Bastelbude von Christian angekommen laden wir erstmal den Bertel
aus. Der Schnee ist zwischenzeitlich abgetaut, das Salz leider nicht
und mein halbes rechtes Hosenbein vom Thermoanzug hängt eingeschmolzen
am Auspuffkrümmer. Sieht irgendwie wild aus...
Kurz drauf kommt auch schon der Christian und macht seinem
Foren-Pseudonym alle Ehre. Ein unglaublich redseliger, zugleich freundlicher
und überaus zuvorkommender Mensch, bei dem man auf den ersten Eindruck
meinen könnte, er würde einfach nur viel reden. Bei näherem
Zuhören redet er aber zudem auch noch geistreich, charmant und
mit Sachkenntnis. Christian erinnert mich von seinem Charisma an Peter
Ustinov und sieht dabei aber auf den ersten Blick aus wie ein wilder
Willi aus irgendeiner Harleywurstelbude. Sieht man genauer hin, dann
ist zwar der Arm komplett tätowiert, aber ohne nackte Mädels,
Flammen und Totenköpfe, sondern mit Rosen und statt einem markigen
amerikanischen Blood-and-Honour-Spruch steht da "A heart full of
soul" und genauso habe ich Christian empfunden. Die Bastelbude
ist im Erdgeschoss eines unauffälligen Mietshauses im 15. Bezirk
gegenüber der Polizei und von aussen nicht erkennbar. Innen drin
sieht es erst mal aus, wie immer. Ein wenig unordentlich, aber nicht
sehr, voller Werkzeug, eine Hebebühne mit einer abgedeckten SR500
drauf, Berge von Teilen, ein paar Schränke, ein paar Motorräder
in einem Seitenraum. Die SR 500 unter der Plane hat eine Ceriani-Trommel
im Vorderrad, einen Nortonstyle-Alutank, eine Kastenschwinge und zahlreiche
spannende Details. Mittendrin steht eine Flow Bench und unter den Werkzeugen
findet sich kein verchromter Baumarktschlüssel. Wir bekommen Weslake
Zylinderköpfe zu sehen, Kolben, die so hoch sind, dass der Konstrukteur
Mühe hatte, die Ringe unterzubekommen, und tausenderlei kleine
Leckereien. Christian ist der Gasstrompapst. Ich bin begeistert. Nach
kurzer Zeit verabschieden wir uns aber, denn Christian muss sich noch
um seine schwerkranke Tante kümmern, der er in seiner Wohnung Asyl
gegeben hat und schliesslich muss er morgen früh wieder seine Stelle
als Streetwork-Sozialarbeiter bei der Stadt Wien antreten, bevor er
Abends seinen Umzug nach Genua weiter vorbereitet Shocked
Wir sprechen noch mal kurz über den Auspuff für den Bertel,
den Christian biegen soll und ich verabschiede mich von Bertel und Christian.
Zu Albert ist es nicht weit.
Dort angekommen entferne ich zunächst meinen intensiven Iltisgeruch
unter Alberts Dusche und trinke danach mit Dolores und Albert noch einen
kleinen Schlaftrunk.
Dolores und Albert überreden mich, noch ein wenig in Wien zu bleiben,
und ich willige unter der Bedingung ein, dass ich das Abendessen am
Montag kochen darf. Dann geht es ins Bett.
Montag, 26. Januar 2009, Wien
Ich treibe mich ein wenig rum und lasse meine Augen abschweifen. Wien
ist schon spannend...
...aber dennoch war das Abendessen mit Dolores, Albert,
dessen Schwester, Dolores' und Alberts Töchtern Lotta und Minna
sowie dem Christian ungleich spannender....
Dienstag, 27. Januar 2009, heimwärts
Meine Heimreise am Dienstag war ereignislos, was seine Vorteile hat,
denn es gab viele Eindrücke zu verarbeiten. Auf dem Heimweg habe
ich noch schnell eine ISH gekauft und abgeholt, und so hat für
die Nachbarn alles wieder seine Ordnung gehabt. Der Utz war mit einem
komischen alten Mopped drin weggefahren und mit einem komischen alten
Mopped drin wiedergekommen. Genauso schmutzig wie vor der Abreise war
er auch noch, also alles beim Alten....
Ich möchte mich bei allen für das gelungene TT 2009 bedanken.
Es sind Leute wie ihr, die diese Welt bewohnbar machen.
Gruß vom Justus
---
Hey Justus, ein großes Dankeschön für diesen Bericht
!1!!
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